"Glauben bedeutet, sich im Dunkeln an das erinnern, was man im Licht gesehen hat." Kardinal Meisner

Predigt von Pfarrer Scholz zum 4. Fastensonntag

Predigt:  4. Fastensonntag Evangelium:  Joh 9,1-41 (hier auch als pdf)      Andacht auf Riesa-TV

Liebe Schwestern und Brüder,

Gerade in diesen Tagen der Hilflosigkeit, der Unsicherheit, der Sorge und der Angst, kommt immer wieder neu die Frage auf: Was haben wir getan, dass uns so etwas, wie Corona zum Beispiel, widerfährt?  Womit haben wir das verdient? Wir Christen fragen uns noch dazu, was Gott uns damit sagen will, wenn alles öffentliche Leben zum Erliegen kommt und wir sogar keine Gottesdienste mehr feiern dürfen.

Und natürlich kommt bei so manchem von uns auch die Frage hoch, wie die Jünger diese vor 2000 Jahren bereits auch gestellt haben: „Rabbi, wer hat gesündigt? Er selbst oder seine Eltern?“ Auf uns übertragen: „Rabbi, wer von uns hat gesündigt? Wir selbst oder die Generationen vor uns?“ Denn in unseren Köpfen geistert oft auch der Gedanke, dass Corona eine Strafe Gottes oder so etwas ähnliches sein könnte.

Jesus erteilt aber dieser weitläufigen Meinung eine klare Absage, dass, wenn etwas Schlimmes passiert, jemand von Geburt an irgendein Handicap hat, wir Glück oder Pech haben, Gott uns oder die nachfolgenden Generationen in irgendeiner Form damit strafen will.

Jesus sagt uns im heutigen Evangelium ganz klar und deutlich: „Weder er noch seine Eltern haben gesündigt!“ Warum aber stellen wir Menschen oft diesen direkten Zusammenhang her? Die einen begründen das mit dem Alten Testament, wo Gott immer wieder Menschen für ihr Fehlverhalten abstraft, so scheint es jedenfalls.
Wieder andere fassen Gott als so eine Art ständigen strengen Erzieher auf, der uns beibringen will, wie wir uns richtig zu verhalten haben, um glücklich zu werden. Und da scheint GOTT mit der Wahl seiner Mittel nicht gerade zimperlich zu sein.

Aber ist das wirklich so? Oder ist das nicht vielmehr auch wieder nur eine Wahrnehmung des Menschen damals wie heute, der alles Glück oder Pech von der Einhaltung der Gebote oder dem Wohlwollen Gottes abhängig machte und macht? 

Doch warum sollte Gott das tun? Warum sollte Gott uns permanent erziehen wollen, in dem er immer wieder in das Leben der Menschen zum Teil strafend eingreift? Warum sollte er das tun? Soll das etwa ein Zeichen von Liebe sein? Wäre das ständige Rumgegängel und Korrigieren des Lebens Anderer wirklich ein Ausdruck von Liebe? Oder verwechseln wir da vielleicht ein bisschen was?

Nämlich Machtgehabe mit Liebe! Ich glaube, und da dürften wir uns alle ziemlich einig sein, das hat GOTT wirklich nicht nötig. Er muss nicht seine Liebe zu uns oder seine Macht unter Beweis stellen, in dem er versucht, die Menschheit zu erziehen. Auch aus dem einfachen Grund nicht, weil wir Menschen das größtenteils eh nicht annehmen würden, zumindest heutzutage nicht mehr. Ein ständiges Maßregeln ist kein Ausdruck von Liebe, dass wissen wir alle nur zu gut und Gott erst recht! Das, was wir derzeit erleben müssen, ist eher eine Folge menschlichen Verhaltens und seines massiven Eingreifens in die Abläufe der Natur. Das, was wir derzeit erleben ist Globalität pur! Und trotzdem sei die Frage erlaubt, warum?

Es wäre eine Anmaßung, wenn ich wüsste warum, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass wir das, was wir derzeit erleben müssen, uns letztlich vor die Entscheidung stellen wird, wie wir als Gesellschaft in Zukunft uns verhalten wollen. GOTT möchte uns auf gar keinen Fall irgendwelche Seuchen an den Hals hängen, um uns zu erziehen, sondern wir werden allein durch die Realität menschlichen Daseins dahingehend herausgefordert, die richtige Entscheidung zu treffen.
Eine Entscheidung entweder zu mehr Menschlichkeit, Rücksichtnahme und ehrlicher Wertschätzung oder zu mehr Ellenbogen, Rücksichtlosigkeit und dem Motto, nur der Stärkere überlebt. Bei dieser Entscheidung kann uns GOTT helfen, wenn wir ihn lassen.

Aber nicht in dem Sinne, dass wir die Hände in den Schoß legen und warten bis GOTT etwas tut, nein, sondern eher in der Art, dass wir uns endlich mal in unseren Abläufen ausbremsen lassen und innehalten und darüber nachdenken, was wir hier eigentlich mit uns und der Welt tun bzw. antun oder angetan haben.
Liebe Schwestern und Brüder, ich möchte sie dazu ermutigen die Situation anzunehmen, die Lage, wie uns unsere Bundeskanzlerin am Mittwoch bereits in ihrer Ansprache auch nochmal eindringlich ans Herz gelegt hatte, ernst zu nehmen.

Es ist keine Strafe Gottes, sondern eine Herausforderung für uns Menschen, der wir nur gewachsen sind, wenn wir nicht nur auf die Fähigkeiten des Menschen vertrauen. Das gesunde Maß ist auch hier wieder entscheidend, nämlich beides zu können, auf GOTT und auf die Fähigkeiten des Menschen zu vertrauen. Das, und davon bin ich fest überzeugt, wird uns auf einen guten Weg in die Zukunft bringen und wird uns helfen die Zeit von Corona gut zu überstehen.

Amen