„Wir glauben nicht an Gott, weil wir ihn brauchen, sondern weil er uns liebt“, Kardinal Gerhard Ludwig Müller

„Voraussetzungen für die Herkunft des Heiligen Geistes“

Lesungen vom Pfingstsonntag: Apg 2,1-11;Ps 104,1-2.24-25.29-30.31 u. 34;1 Kor 12,3b-7.12-13;Joh 20,19-23

„Sie wussten, dass ihr Beieinandersein, dass ihre Eintracht, die Voraussetzung für Pfingsten war. Und sie erkannten, dass wiederum die Voraussetzung für die Eintracht das Gebet ist. Denn nur das Gebet und nicht die raffinierteste Psychotechnik kann jenen seelischen Grund in uns freilegen, in dem wir einander berühren, in dem wir miteinander verträglich sind, in dem Friede und Einheit sind. Eintracht ist die Voraussetzung für die Gabe des Geistes und Gebet die Voraussetzung der Eintracht. Aber auch dies andere, das wir hörten, das wartende Offenstehen auf den Herrn, gehört dazu. Und hier gerade muss die Kirche unserer Zeit – wie mir scheint – ganz neu lernen.

Es gibt sehr viel Aktivität in der Kirche von heute. Es gibt einen Fleiß, der die Menschen bis an die Grenzen ihrer Kräfte, und oft darüber hinaus, beansprucht. Aber es gibt kaum noch jenes stille Verweilen vor dem Worte Gottes, in dem sich unser Wollen und Tun entkrampfen und gerade so frei und fruchtbar werden. Gewiss, der Herr braucht unseren Fleiß und unsere Hingabe. Aber wir brauchen seine Gegenwart. Wir müssen den Mut zum Ungetanen, und so die Demut des Wartens vor dem Worte, neu lernen. Denn sehr oft würde eine einzige Stunde des stillen Hineinhörens in Gottes Wort mehr wirken als ganze Tagungen mit Sitzungen und Diskussionen. Und ein Augenblick des Gebetes würde fruchtbarer sein als ganze Stöße von Papieren.“

Aus einer Pfingstpredigt von Joseph Ratzinger 14. Mai 1978